Weinflaschen mit oder ohne Korken? Gibt es Qualitätsunterschiede?


 

Wir werden immer häufiger nach den Vor- und Nachteilen der unterschiedlichen Korken gefragt. Daraus ist zu schließen, dass es vielen Verbrauchern schwer fällt, sich in der großen Vielfalt der Weinwelt zu entscheiden. Ein Kriterium für guten und wohlschmeckenden Wein scheint offensichtlich ein naturbelassener Korken zu sein. Andere Verschlussarten wie der Kunststoffkorken oder der Schraubverschluss werden oft mit billigem, sogar minderwertigem Wein assoziiert. Doch ist dem wirklich so?

Zunächst müssen wir festhalten, dass Kork ein rarer Rohstoff ist: Weinkorken werden aus der Rinde einer Korkeiche gewonnen, die ein mediterranes Klima braucht, um überhaupt zu gedeihen. Ein Baum muss mindestens 45 Jahre alt sein, bevor man seine Rinde zur Herstellung von Korken das erste Mal schälen kann. Eine weitere Schälung der Korkeiche ist dann erst wieder nach weiteren 9 – 12 Jahren möglich. Insgesamt kann ein Baum also innerhalb der 200 Jahre Lebenserwartung bis zu 15 Mal entrindet werden. Das Schälen der Eiche erfolgt im Winter. Die Schale wird anschließend im Wald in großen Stapeln geschichtet aufbewahrt, um durch den winterlichen Regen auf natürliche Weise gebleicht zu werden. Ein ganzes Jahr lang lagert der Kork, bis es an die Verarbeitung geht: Mit heißem Wasser wird er nun bedampft, um Verholzungen und Tannine zu entfernen, damit der Kork geschmeidig wird, um gepresst und in Platten geschnitten zu werden. Dann trocknet er in großen Stapeln, bevor er weiter verarbeitet wird. Diese lange Entstehungsgeschichte erklärt, weshalb ein Korken die wohl teuerste Verschlussart für Weinflaschen ist und warum sich Weinhersteller alternative Verschlussmöglichkeiten überlegen mussten, um im zunehmenden Preiskampf zu bestehen. Gleichwohl kritisieren Weinkenner mitunter die geschmacklichen Eigenschaften eines Naturkorkens. Möglich ist zum Beispiel, dass der Korken einen muffigen Beigeschmack erzeugt, der das natürliche Aroma eines Weines empfindlich stören kann. Manchmal ist ein Wein sogar ungenießbar – er „korkt“. Laut Studien ist diese negative Eigenschaft des Naturproduktes zumeist auf eine fehlerhafte Lagerung sowie auf Spuren von Trichloranisol, welches in den Trocknungsphasen entstehen kann, zurückzuführen. Mit dieser chemikalischen Verbindung verunreinigte Korken sind leider erst erkennbar, wenn die Weinflasche damit bereits verschlossen ist und der Korken feucht wird. Aber selbst Chemikalien, mit denen die Korkeiche behandelt wurde, können später den Geschmack des Weines beeinflussen. In einigen neueren Untersuchungen hat sich gezeigt, dass 10 bis 20% aller Weine davon betroffen sind.

Aber warum? Natürlicher Kork ist porös. Und dadurch kann ein unerwünschter Gasaustausch entstehen: Der eintretende Sauerstoff reagiert mit den im Wein vorhandenen Phenolen. Geschieht dies, erhält der Wein einen anderen Geschmack, seine Farbe wird bräunlich und er verliert seine Fruchtnoten und somit seinen Charakter. Dieses Problem besteht aber nicht nur bei Naturkorken, sondern auch bei Plastikkorken, wenn dieser den Wein nicht hermetisch verschließt.

Seit ungefähr dreißig Jahren hat man nun Erfahrung mit Schraubverschlüssen bei Weinen gesammelt. Langfristige wissenschaftliche Studien belegen die Meinung der Fachleute: Der heute verwendete Schraubverschluss ist unter Qualitätsgesichtspunkten eigentlich die beste Möglichkeit, einen Wein zu verschließen. Neben der emotional geführten Diskussion, dass ein Schraubverschluss "billig" sei, lautet ein oft geäußertes Argument, dass durch die wesentlich bessere Abdichtung als beim Naturkorken keine Sauerstoffzufuhr möglich ist, was aber für die Flaschenreifung unbedingt erforderlich sei. Dies ist aber laut Meinung der meisten Chemiker und Fachleute eher ein Argument für den Drehverschluss und gegen den Korken. Denn der im Flaschenhals befindliche Sauerstoff reicht für die komplexen Vorgänge während der Alterung bei weitem aus. Dies wurde auch durch einen Test bei einem Riesling Tasting in Sidney 2003 eindrucksvoll unterstrichen. Einer großen Gruppe führender Produzenten aus der ganzen Welt wurde ein Riesling vorgesetzt. Das Alter wurde von diesen Fachleuten zwischen sechs und zehn Jahren geschätzt, tatsächlich aber handelte es sich um einen 1982er Riesling, der damals mit einem Schraubverschluss verschlossen wurde. Das deutet zumindest in diesem Fall darauf hin, dass die Reifung mit solchen Verschlüssen langsamer vor sich geht, aber die nahezu perfekte Abdichtung durch den Drehverschluss keinerlei Qualitätseinbußen bewirkt. Ob dies allgemein gültig ist, lässt sich natürlich von einem einzelnen Beispiel nicht ableiten. Dennoch ist sicher: Flaschen mit Schraubverschluss korken nicht und bleiben länger unverändert. Durch den dichten Verschluss kann kein Sauerstoff eintreten und somit bleiben Charakter und Geschmacksnoten von Flasche zu Flasche immer gleich. Der Sauerstoff, der zum Zeitpunkt des Verschlusses in der Flasche ist, reicht völlig für den Reifeprozess aus.

Abschließend lässt sich folgendes Fazit ziehen: Was eindeutig gegen den Schraubverschluss spricht ist, dass es kein romantisches "Plopp" beim Öffnen der Flasche gibt. Ja, das ist schmerzlich, aber ist das wirklich wichtiger als ein einwandfrei schmeckender Wein? Wir sollten vielleicht auch hier umdenken, nicht zuletzt an die Umwelt denken und uns aufs Wesentliche konzentrieren, oder?

In diesem Sinn, auf Ihr Wohl!

Herzlichst, Ihr Weindepot Geyer